In jedem Moment strömt auf unser Gehirn eine Fülle von Informationen ein, viel zu viele, als dass sie alle verarbeitet werden könnten. Um damit umzugehen, wenden wir unser Bewusstsein gezielt bestimmten Wahrnehmungen, Gedanken, Gefühlen oder dem eigenen Verhalten zu.
Diese Zuwendung nennt man Aufmerksamkeit: Das Gehirn sieht oder hört genauer hin, selektiert dabei aber, konzentriert sich also nur auf wenige Eindrücke. Das Aufmerken auf Sinneseindrücke ist beim schulischen Lernen von zentraler Wichtigkeit, da es meist über das Wahrnehmen der Umwelt funktioniert (lesen, zuschauen, zuhören, experimentieren etc.). Allgemein gesprochen fesselt das unsere Aufmerksamkeit, was vom Erwarteten abweicht bzw. was uns eine Abweichung erwarten lässt. Ersteres nennt man außengeleitete Aufmerksamkeit: starke Reize wie Gerüche, Geräusche oder Farben werden vom Gehirn als wichtig oder potenziell gefährlich eingestuft. Mit innengeleiteter Aufmerksamkeit beschreibt man die Erwartung einer Abweichung vom Normalen; sie entsteht durch Neugier oder Interesse. Ist der Leser etwa neugierig auf das Ende einer Geschichte, liest er sie mit viel Aufmerksamkeit.
Nur wenn man aufmerksam ist, wird der Lernstoff als etwas erfasst, was seinen Weg in das Gedächtnis finden soll – im Gegensatz zum Rufen des Vogels vor der Tür, dem Essensduft und unzähligen weiteren Eindrücken, die ein Lerner jederzeit hat. Lehrer können außengeleitete Aufmerksamkeit erzeugen, indem sie etwas Unerwartetes ins Spiel bringen: die Nennung des Schülernamens oder Schlüsselwörter wie „Vorsicht“, „wichtig“ oder „spannend“. Auch ein neues Medium oder ein ungewöhnlicher Lernort erzeugen Aufmerksamkeit (Medien). Lerner steigern ihre eigene, innengeleitete Aufmerksamkeit, indem sie sich das Interessante, Außergewöhnliche an einem Lernstoff klar machen. Außengeleitete Aufmerksamkeit kann ein Lerner selbst erzeugen, indem er einen wichtigen Stoff zum Beispiel mit der Signalfarbe Rot markiert.
Aufmerksamkeit ist eine beschränkte Ressource. Mit hoher Konzentration kann ein Lerner nur etwa drei bis fünf Minuten zuhören oder arbeiten. Nach dieser Zeitspanne ist eine Pause nötig. Diese kann die Form einer Zusammenfassung haben, einer Verständnisfrage oder auch einer lockeren Bemerkung.